oO., Kunsthaus Baselland, Muttenz/Basel

Opening January 23, 2020, 18:30
Exhibtion January 24 - April 4 July 5 2020

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Vs., Calypso Cave, installation view, oO., Kunsthaus Baselland, Muttenz/Basel, 2020
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Calypso Cave, installation views, oO., Kunsthaus Baselland, Muttenz/Basel, 2020
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Vs., Ping, installation view, oO., Kunsthaus Baselland, Muttenz/Basel, 2020
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oO, installation views, oO., Kunsthaus Baselland, Muttenz/Basel, 2020
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Valeska Marina Stach, Kunstbulletin 4/2020

‹oO› nimmt uns mit auf eine Odyssee ins Unbekannte, das uns doch vertraut zu sein scheint. Ausgangspunkt ist eine komplexe Auseinandersetzung mit der Frage nach medialer «Wahrheit» und deren Metaebene. Wie verortet sich die Technik als sich verselbständigendes Moment in unserer Zeit und wie steuert sie unsere Kommunikation? Karrer hinterfragt in seinen Arbeiten die «Echtheit» des Wissens, das uns digital vermittelt wird, und sorgt dabei für ein körperliches, analoges Erleben dieser flüchtigen Welt. Die visuellen und auditiven Elemente der Ausstellung bilden in ihrer Kon­stellation ein fast sinnliches Geflecht, das doch aus rein technischen Komponenten besteht. Auf zwei grossformatigen Leinwänden, die sich im ersten Raum gegenüberstehen, begegnen sich unterschiedliche Aufrufe aus Social-Media-Kanälen, die Bilder der realen und der vermeintlich realen historischen ‹Calypso Cave› zeigen. Nach dem Einsturz der ursprünglichen Höhle, in der Odysseus von seiner Geliebten angeblich gefangen gehalten worden war, wurde eine nahe gelegene weitere Höhle zum Ersatz für die Touristenfotos und bekam online teilweise sogar dieselbe Betitelung. Die hier dargestellten, im Netz kursierenden Aufnahmen und Spekulationen stehen alle im Kontext einer Suche nach Originalität. Die Bedeutungsebene scheint sich zu verschieben – von mythologischer Atmosphäre hin zu einer reproduzierbaren Identität. Ist es überhaupt noch wichtig, reell an einem Ort zu sein bzw. dessen Geschichte zu kennen? Aus dem nächsten Raum schlagen uns bizarre Klänge entgegen. Zwei Synthesizer bieten sich eine «Battle» aus bekannten, fast klischeehaften Werbe- und Songsequenzen der 80er- und 90er-Jahre – und spielen dabei mit unserem kollektiven Gedächtnis. Daneben steht ‹!Ping›: ein sich noch in Entwicklung befindender digitaler Assistent – in Form eines Bildschirms, der seine eigenen Logik aus fremden Dateien generiert, schliesslich aber nach länger ausbleibender Interaktion in eine Art Traummodus verfällt. Gehen wir weiter, stehen wir wieder vor einer Leinwand: Die poetisch anmutenden Bilder zeigen Makroaufnahmen von Wassertropfen. Diese sind, vor verschwommenen Hintergründen, Cartoon-artig in Szene gesetzt, als würden sie uns mit Kulleraugen anschauen. Zusätzlich werden Zitate aus Forum-Beiträgen eingeblendet, die das Wort «Bokeh» diskutieren. Der Begriff beschreibt die Qualität des unscharfen Bereichs in einer Fotografie, der damit in den Fokus gerückt wirkt – und wieder können wir hierin einen metaphorischen Hinweis auf die Verschiebung von ­identitären Bedeutungsebenen finden. Die Stimme, die zusätzlich einen Blog-Text vorliest, erinnert an ein dadaistisches Gedicht, das unpersönlich, da computergeneriert vorgetragen wird. Durch die Vermischung mit den Synthesizer-Sounds entsteht aber mit einem Mal eine emotionale Aufladung und verleiht der gesamten Ausstellung einen lyrischen Charakter. Der Künstler schafft mit seiner Arbeit eine Sensibilisierung für Paradoxien, die sich bis zum Schluss nicht auflösen und weiterwirken wollen.

https://kunsthausbaselland.ch/dokumente/Kunstbulletin-4_2020_S_57.pdf

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oO/h
Calypso Cave
Vs.
Ping